dann wären vor allem deutsche Teens (die würde es ja wohl am häufigsten treffen) heutzutage wesentlich konservativer eingestellt als die Generationen zuvor.
Es geht ja nicht nur darum, ob man selbst eher konservativ denkt. Ob man sich traut, mit der Außenspange auf die Straße zu gehen, hängt doch sicher stark davon ab, welche Reaktion zu erwarten ist. Und ich meine, es ist wahrscheinlich, dass die eher konservativ denkende und fühlende Gesellschaft eher verunsichert reagiert als eine aufgeklärt-rational denkende.
Zunächst war ja die Frage, warum die Situation in den Niederländen so grundsätzlich anders ist. Und da fiel mir eben ein, dass es gesellschaftlich als nicht-konservativ gilt, wie Marty ja bereits vor längerem meinte:
Ich denke mal in Europa ist Holland das einzige Land, das nicht konservativ ist.
Daher versuchte ich, hier die Erklärung zu finden.
Karsten26, Du hast aber nun einen weiteren Umstand in die Diskussion gebracht. Obwohl er so naheliegend ist, habe ich nich gar nicht daran gedacht: In den 80ern war das öffentliche Tragen der Außenspange auch nicht gearde alltäglich, kam aber doch zumindest mal vor, während es mittlerweile ganz aus der Mode gekommen ist.
Dieser Umstand müsste doch auch Informationen liefern, wovon die Bereitschaft des öffentlichen Tragens abhängt.
Zunächst aber komme ich nochmal auf die Verhältnisse in den Niederlanden zu sprechen. Mir kam folgender Gedanke:
Nicht selten wird eine lose Spange gegenüber einer festen bevorzugt. Da steckt die Überzeugung dahinter, eine feste Spange sei die unangenehmere, diejenige, die man nur einsetzt, wenn es nicht anders geht. Diese Haltung steht im Widerspruch mit der Tatsache, dass eine feste Spange viel angenehmer zu tragen ist als eine herausnehmbare.
Warum aber diese Haltung? In den 70ern, die einige von uns noch erlebt haben, waren feste Spangen in Deutschland relativ selten und auch nicht so bekannt. Kinder, die damals bei einem anderen Kind eine Spange gesehen oder selbst eine bekommen haben, machten in aller Regel Bekanntschaft mit einer herausnehmbaren. In der Folge wurde diese Art von Spange als "Zahnspange" definiert. Dass ein Kind eine Zahnspange hatte, war daran erkennbar, dass ein Draht über die Frontzähne verlief. Damit war die Spange zwar sichtbar, aber optisch wenig störend. Wer nun von dieser Vorstellung kommend eine feste Spange gesehen hat und die Information bekam, dass auch das eine Zahnspange sei, war möglicherweise schockiert über das viele Metall, das an den Zähnen befestigt noch - noch dazu fest eingebaut! Daher kann ich mir gut vorstellen, dass Leute, die Spangen in dieser Reihenfolge kennengelernt haben, irgndwo im Hinterkopf immer noch die Vorstellung haben, die herausnehmbare sei die normale, sozusagen harmlose Spange und die feste die spezielle, die in schwereren Fällen notwendig ist und die man selbst hoffentlich nie bekommt. Der Unterschied besteht vordergründig im unterschiedlichen Maß, mit dem eine optische Beeinträchtigung eintritt. Hinzu kam das Bewusstsein, dass man eine lockere Spange ja nicht ständig drinhaben muss, eine Freiheit, die die feste Version nicht zulässt.
Das würde bedeuten: Wenn jemand diese Sicht der Dinge teilt, dann akzeptiert er eine lockere Spange und deren Einschränkungen als normal. Die feste Spange hingegen ist das größere Übel, dem man zu entkommen versucht.
Bei der Außenspange verhält es sich so, dass sie sowohl mit lockeren als auch mit festen Geräten kombiniert wird, heutzutage meistens wohl mit der festen Spange. Das bedeutet, dass früher und heute die Außenspange im Normalfall nicht der erste Gerätetyp ist, den man kennenlernt. Wenn man nun die Überlegung fortführt, dass das zuerst Kennengelernte das eher Akzeptierte ist, dann hat die Außenspange hier noch schlechtere Karten. Und die optische Beeinträchtigung ist ja zweifellos noch viel größer als die der beiden anderen Arten. Daher wird dieses Gerät wohl kaum mehr als eine "normale" Zahnspange empfunden. Wegen der starken optischen Beeinträchtigung ist der Gedanke auch naheliegend, dass man sie nur bekommt, wenn die Fehlstellungen im Mund so schwer sind, dass man zu ihrer Beseitigung sogar ein solch auffälliges Gerät in Kauf nimmt.
Früher war es ja - anders als heute - peinlich, überhaupt eine Spange zu haben. Die Vorstellung ist die, dass das Tragen jeder Spange eine Erschwernis ist und daher nur gemacht werden muss, wenn es notwendig ist. Und dann eben gemäß dieser Abstufung: für einfache Fälle eine herausnehmbare, für schwerere Fälle eine feste und in ganz schweren Fällen kann eine Außenspange notwendig sein. Ich kann mir gut vorstellen, dass viele ältere Menschen so denken. Diese Stufung hängt damit zusammen, dass die Reihenfolge der optischen Beeinträchtigung dieselbe ist wie der Möglichkeit, die Spange überhaupt zu verbergen (in der Hoffnung, dass andere Menschen überhaupt nicht merken, dass man eine Spange hat).
Wenn das alles so stimmt, dann ist es verständlich, warum keiner auf der Straße eine Außenspange tragen will. Nun gut, das haben wir vorher schon gewusst.
In den Niederlanden ist es vielleicht nicht so selbstverständlich, dass man die Außenspange als eine ganz spezielle Form der Spange kennenlernt. Zum einen natürlich, weil es allgemein üblich ist, sie in der Öffentlichkeit zu tragen. Zum anderen aber möglicherweise aus folgendem Grund: Es scheint dort üblich zu sein, dass man während der Behandlung als erstes eine Außenspange bekommt. Offensichtlich werden als erstes Molarenbänder eingesetzt und dann für eine gewisse Zeit nur eine Außenspange getragen. Das bedeutet folgendes: Die Außenspange ist das Gerät, das man zeitlich als erstes mit dem Begriff "Zahnspange" in Verbindung bringt. Zunächst beobachtet man es bei anderen, dann bei sich selbst. Insofern wird die Außenspange mehr als bei uns als eine normale Spange empfunden. Bei uns ist die Außenspange zumeist "nur" ein Zusatzgerät. Man hat das Bewusstsein, dass "die Spange" auch ohne das Zusatzgerät wirkt. Dieses Bewusstsein kann nicht entstehen, wenn man nur eine Außenspange hat. Und man weiß, je konsequenter man die Außenspange trägt, desto schneller beginnt der nachfolgende Teil der Behandlung.
Soweit meine Thesen, die mir aber immer noch nicht ausreichend erscheinen, den wirklich fundamentalen Unterschied zwischen den Niederlanden und den anderen Ländern zu erklären.