Sorry falls schon bekannt. Suche ergab keine Treffer. Artikel ist schon etwas älter. Mir aber bisher unbekannt:
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Focus-Schule Online, 01 Juli 2006 von Tanja Pöpperl
Wenn Zähne aus der Reihe tanzenZahnspangen – Früher waren sie verpönt, heute gelten sie bei Kids als Statussymbol. Was es zu beachten gilt, wenn der Kiefer korrigiert werden mussEs ist noch nicht lange her, da war sie der Albtraum aller Teenies, Zielscheibe von Hänseleien, Knutschbremse auf jeder Flaschendreh-Party: die Zahnspange. Doch seit sich attraktive Stars wie Tom Cruise und Britney Spears oder die britischen Prinzen William und Harry ungeniert mit Klammern fotografieren lassen, haben die ungeliebten „Schneeketten“ ihren Schrecken verloren. Laut aktueller Umfrage der Londoner Tageszeitung „The Daily Telegraph“ gelten Spangen inzwischen sogar als cool und sexy, viele sehen sie als trendiges Accessoire. Da immer mehr Kinder verdrahtet sind, entspricht die Prozedur beinahe einem Initiationsritual, das den Eintritt ins Jugendalter sichtbar macht.
Wann der richtige Zeitpunkt ist, um Fehlstellungen der Zähne zu korrigieren, darüber sind die Meinungen geteilt. Gundi Mindermann, Kieferorthopädin aus Bremerförde und Bundesvorsitzende des Berufsverbands der Deutschen Kieferorthopäden (BDK), plädiert dafür, mit einer notwendigen Behandlung möglichst früh zu beginnen: „Es gibt gravierende Probleme wie Zwangs- und Kreuzbisse, bei denen die Kiefer nicht richtig aufeinander treffen. Die kann man in Einzelfällen schon ab dem vierten Lebensjahr korrigieren, zum Beispiel mit herausnehmbaren Spangen oder auch physiotherapeutisch begleiteten Muskelübungen.“ Generell empfiehlt die Expertin, bereits ab dem Durchbrechen der ersten Milchzähne regelmäßig zur zahnärztlichen Kontrolle zu gehen. „Ein Grundschüler, der mit sechs, sieben Jahren zum allerersten Mal in ein Behandlungszimmer kommt und die Apparaturen sieht, würde wahrscheinlich den Schock seines Lebens bekommen“, so die Expertin. „Je jünger das Kind, desto spielerischer kann man es an die Behandlung heranführen, zum Beispiel mit Schädelmodellen zum Anfassen oder mit Puppen, an denen man das Vorgehen erklärt.“ Der kleine Patient darf währenddessen auch bei Mama auf dem Schoß sitzen. Das funktioniert, wie Mindermann weiß: „Durch solche frühen positiven Erfahrungen baut sich erst gar keine Angst vor dem Zahnarzt auf.“ Davon profitiert dann auch der Kieferorthopäde.
Allzu junge Patienten will Henning Madsen allerdings nicht in seiner Praxis haben. Der Kieferorthopäde aus Ludwigshafen sieht den immer früher einsetzenden Therapiebeginn bei Kindern eher kritisch. „Wenn kein Gesundheitsrisiko vorliegt, und das ist wirklich nur in Ausnahmen der Fall, rate ich davon ab, Zähne vor dem zehnten, elften Lebensjahr kieferorthopädisch zu richten. Denn beim Zahnwechsel regulieren sich bis kurz vor Pubertätsbeginn viele frühere Fehlstellungen oft noch von allein.“ An schiefen Zähnen ist übrigens nicht immer nur Veranlagung schuld. Auch wer häufig am Daumen lutscht, zu lange aus der Nuckelflasche trinkt, an Bleistiften oder Nägeln kaut, fördert sie. Auf solche Marotten sollten Eltern also von klein auf achten.
Bestimmte Auffälligkeiten wie der Kreuzbiss, der offene Biss, bei dem Ober- und Unterkiefer nicht vollständig schließen, oder auch extreme Über- und Unterbisse der Schneidezähne verwachsen sich nicht von allein. Madsen: „Dann kann nicht nur die psychische Belastung groß sein, sondern auch die Gesundheit des Kindes beeinträchtigt sein. Bei großem Überbiss der Schneidezähne entsteht zum Beispiel eine erzwungene Mundatmung, die das Erkältungsrisiko erhöhen kann. Bei extremen Überbissen ist auch die Verletzungsgefahr der Schneidezähne erhöht.“ Liegen solche schwer wiegenden Probleme vor, erkennt das meist bereits der Kinderarzt und verweist an den Kieferorthopäden.
Nicht jeder vorwitzige Schneidezahn, der ein bisschen aus der Reihe tanzt, muss aber gleich auf Kurs gebracht werden. Bei kleinen Schönheitskorrekturen ist die Entscheidung für oder gegen die Zahnverschiebung nicht nur eine Frage der Kosten (siehe Kasten unten). Schließlich ist eine kieferorthopädische Therapie trotz des positiven Imagewandels immer noch mit einigen unbequemen Erfahrungen verbunden: die häufigen Kontrollbesuche, das gründliche Reinigen von Zahnspange und Zähnen, das anfangs ungewohnte Gefühl beim Sprechen und – Tom Cruise hin oder her – das Herzklopfen beim ersten Auftritt mit neuen Klammern vor der Klasse. Daher sollten Kinder unbedingt in die Entscheidung „Zahnspange – ja oder nein?“ mit einbezogen werden. Wer sich heftig gegen den Eindringling im Mund sträubt, wird sich auch schwer damit tun, ihn konsequent zu pflegen oder die lose Spange regelmäßig zu tragen. „Man kann ein Kind nicht zur Behandlung zwingen“, erklärt Expertin Mindermann. Sie versucht jedoch, die kleinen Patienten zu überzeugen, warum eine Therapie wichtig ist. „Das funktioniert immer nur über einen direkten Zugang, niemals über Druck, den die Eltern ausüben.“ Auch Henning Madsen legt Wert darauf, dass die Kids vom Sinn und Nutzen der Behandlung überzeugt sind. Sonst sollten Eltern besser warten, bis ihr Sprössling selbst den Wunsch äußert: „Für eine Zahnkorrektur ist es nie zu spät. Sie ist zwar bei Erwachsenen teurer und meistens etwas umständlicher. Aber wenn beim Kind oder Teenager absolut die Einsicht fehlt, sollten Eltern nicht auf einer Behandlung bestehen.“
Ist die Entscheidung pro Zahnspange gefallen, muss als Nächstes geklärt werden, welche Variante sich am besten eignet, um in möglichst kurzer Zeit gute Ergebnisse zu erzielen.
Lockere Verbindung oder feste Beziehung? Feste und lose Spangen sind nicht beliebig austauschbar. Nur feste Klammern schaffen große Zahnbewegungen. „Die herausnehmbareVariante ist daher in vielen Fällen ineffizientund verlängert eine Behandlung nur unnötig,wenn im Endeffekt doch noch eine feste Spange zum Einsatz kommen muss“, erklärt Madsen. Während in den USA fast ausschließlich feste Klammern verwendet werden, fertigenin Deutschland noch viele Kieferorthopäden lose Spangen an – manchmal als Vorbereitung auf das anschließende fest sitzende Modell. Die Quälgeister im Mund sind individuell angefertigte Kunststoffplatten für Ober- oder Unterkiefer, die möglichst lange am Stück getragen werden sollten, auch über Nacht. Zur Auswahl stehen zwei Arten. Die „aktive Platte“ bewegt die Zähne mechanisch mit Hilfe von Schrauben oder Klammern, die verstellbar sind; sie sitzt fest auf den Zähnen auf. Beim „Aktivator“ oder „Bionator“ hingegen werden die Muskelkraft des Kiefers und der Kaudruck ausgenutzt. Diese speziell geschliffenen Kunststoffgeräte sitzen lose im Mund und können auf Ober- und Unterkiefer gleichzeitig einwirken, behindern dafür aber auch das Sprechen besonders stark.
Einen weitaus größeren Effekt, gerade bei großen Zahnverschiebungen und vielen präzisen Zahnbewegungen wie z.B. Drehungen, erreicht in jedem Fall die fest sitzende Spange. Dabei werden kleine Metallplättchen, die „Brackets“, auf die Zähne geklebt und über elastische Drähte und Gummis miteinander verbunden, die den Druck regulieren. Stahl, obwohl optisch sehr auffällig, gilt immer noch als optimales Material. Die dezenteren Versionen aus Keramik oder Kunststoff kosten mehr und neigen stärker zu Verformungen und Brüchen.
Neueste Trends. Wer sich mit den sichtbaren Brackets nicht anfreunden kann, hat eine unauffällige, aber auch kostspielige Alternative: das Lingual-System. Dabei befestigt der Kieferorthopäde die Metallplättchen samt Verdrahtung nicht außen, sondern innen an den Zähnen. „Bei Kindern rate ich zu dieser aufwändigen Technik eher nicht“, erklärt Madsen: „Zum einen, weil Lingual-Brackets ein Luxusprodukt sind, zum anderen, weil die Kinderzähne oft noch nicht hoch genug sind und die Befestigung auf der Innenfläche nicht gut funktioniert.“ Eine weitere relativ neue Technik, die allerdings aus Kostengründen bei Kindern kaum zum Einsatz kommt, heißt „Invisalign“. Sie besteht aus einem Set von unterschiedlich geformten durchsichtigen Kunststoffschienen für die Zähne (so genannten Alignern), die in zweiwöchentlichem Wechsel ausgetauscht werden und leichte Fehlstellungen nach und nach korrigieren können.
Wie lang dauerts denn noch? Egal, ob fest oder locker, Stahl oder Kunststoff – Kinder, die eine Spange tragen, brauchen Geduld. Durchschnittlich zwei bis drei Jahre Behandlungszeit stehen ihnen mindestens bevor, bei losen Klammern sogar bis zu fünf Jahre. Wie gut eine Zahnkorrektur verläuft, hängt auch von der Mitarbeit des kleinen Patienten ab, der die regelmäßigen Kontrollbesuche durchstehen und das Schmuckstück im Mund vorsichtig behandeln und gründlich reinigen muss. Sogar wenn die Zähne bereits die gewünschte Position haben, kann er die Spange noch lange nicht vergessen. Das Tragen eines „Retainers“, einer Haltespange, wird im Anschluss an die aktive Behandlung noch für weitere zwölf Monate empfohlen, um die neuen Zahnstellungen und das Tom-Cruise-Lächeln dauerhaft zu stabilisieren.
Hilfreiche Links finden Sie im Internet unter:
www.focus-schule.de/zahnspangeWelche Klammer ist die richtige?Feste Spange
+ Fast alle Fehlstellungen können mit dieser Technik korrigiert werden.
+ Die Behandlungsdauer ist in vielen Fällen kürzer als bei der losen Variante.
+ Das Sprechen ist nicht beeinträchtigt.
+ Fixiert im Mund, geht sie nicht verloren und wird konsequent getragen.
* Die Reinigung ist zeitaufwändig und umständlich.
* Häufige Kontrollen sind nötig, damit Bänder und Brackets richtig sitzen.
* Nahrungsmittel, die sehr hart oder extrem süß sind, können die Spange verbiegen oder verkleben.
* Unsichtbar ist sie nicht: ein optischer Störfaktor über Jahre hinweg.
Lose Spange
+ Reinigung und Zahnpflege sind problemlos möglich.
+ Beim Essen entstehen keine Probleme, die Spange ist schnell entfernt.
+ Kontrollbesuche fallen seltener an.
+ Reparaturen erledigt das Labor – keine langen Sitzungen in der Praxis.
* Nicht konsequent genutzt, hat man keinen Erfolg.
* Die Tragedauer ist in der Regel länger als bei den festen Modellen.
* Manche Fehlstellungen kann sie nicht beheben.
* Verloren oder kaputt ist sie schnell mal, wenn Kinder nicht aufpassen.
* Das Sprechen fällt schwer, weil der Träger oft nuschelt oder lispelt.
Was zahlt die Krankenkasse?Wenn der Kieferorthopäde eine Zahn- oder Kieferfehlstellung festgestellt hat, reicht er einen Behandlungsplan bei der Kasse ein, die nach einem Kriterienkatalog die medizinische Notwendigkeit überprüft. Ab einem gewissen Schweregrad übernehmen gesetzliche Kassen zuerst einen Anteil von 80 Prozent, ab dem zweiten und jedem weiteren Kind sogar 90 Prozent der Kosten. Die restlichen 20 bzw. zehn Prozent Eigenanteil können Eltern zurückfordern, sobald die Behandlung erfolgreich beendet ist. Reine Schönheitsreparaturen zahlt die Kasse nicht.Bis zum 18. Lebensjahr übernehmen die Kassen normalerweise nur eine kieferorthopädische
Therapie. Die Kosten werden erstattet, wenn der Kieferorthopäde schriftlich bestätigt, dass die Behandlung erfolgreich abgeschlossen ist. Dauert eine Therapie länger als ursprünglich angenommen, kann er eine Verlängerunsphase beantragen. Möglich ist auch eine Beobachtungsphase, in der der Arzt noch Nachuntersuchungen vornimmt. Ist diese Phase abgeschlossen, muss er dies schriftlich bestätigen, sodann werden die Kosten erstattet. Schon bei Kindern ab vier Jahren zahlt die Krankenkasse für eine kieferorthopädische Behandlung, wenn Zähne und Kiefer stark fehlgebildet sind und damit weitere Schäden verhindert werden können.
Spangenzähne sauber halten1 Kleine Rüttelbewegungen mit der Zahnbürste sind wichtig, vor allem um die Metallplättchen herum, wo sich bei nachlässigem Putzen leicht Karies bilden kann. Mit einer elektrischen Bürste klappt das meistens ein bisschen besser als mit der normalen.
2 Ein wichtiges Werkzeug ist außerdem die Interdentalbürste (Zahnzwischenraumbürste, erhältlich in Apotheken und Drogerien), mit der man an die schwer erreichbaren Winkel rund um die Brackets herankommt.
3 Nach jeder Hauptmahlzeit sollten Kinder die Zähne putzen, abends natürlich besonders gründlich.
4 Die Uhr stellen und mindestens drei, besser fünf Minuten lang sanft schrubben. Dann ist der Zahnbelag entfernt, und Bakterien haben über Stunden keine Chance zum Angriff.
5 Spülungen mit einem Fluoridpräparat sind zusätzlich hin und wieder sinnvoll, um den Zahnschmelz zu härten.
6 Auf Softdrinks sollten Kinder mit Spange weitgehend verzichten, sie vor allem nicht permanent zwischendurch trinken. Die Kombi Säure plus Zucker ist ein echter Zahnkiller.
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Quelle:
https://dereferer.me/?https://dereferer.me/?http://www.focus.de/schule/lernen/forschung/wissen-wenn-zaehne-aus-der-reihe-tanzen_aid_231642.html