>allein schon die Vorstellung einen HG freiwillig in der Öffentlickeit zu tragen - da läufts mir kalt den Rücken runter!< sarah
>Hatte nie einen HG. Fände das auch eher problematisch, von wg. Frisur und so! Außer das Teil würde farblich zum Outfit passen.< bee
Liebe Sarah, liebe Bee,
es war einmal in gar nicht allzuferner Zeit... genauer: in den 1980er Jahren, besonders den späten. So weit wie in Holland waren wir nie, nach den Bilder-Postings zu urteilen, aber HG zu tragen war damals sehr viel "normaler" bei uns als heute. Es war eben die Zeit vor den Boygroups. Von "Coolness" hatte jeder seine eigene Vorstellung, und jede wurde akzeptiert.
Eine gute Freundin, wenig älter als ich, machte den Anfang als Spätbehandelte. (Übrigens: Damals bekam man die Behandlung noch als Volljähriger problemlos bezahlt - daß das weggefallen ist, dürfte ein Grund für die wieder sinkende Akzeptanz von Zahnspangen sein. Wir nähern uns eben wieder den 1950ern.) Sie jedenfalls hat den HG auch mit über 20 an ihrer Sprachenschule und später in Paris getragen, wo sie damals au pair lebte, heute als Sprachenkorrespondentin und Mutter einer französischen Kleinfamilie.
Ihr Mut brachte mich damals so weit, es auch zu versuchen. Und auch mir blieb der HG alles andere als erspart. (Zwar muß ich zugeben, daß ich ihn nur ein -oder zweimal auch zur Vorlesung getragen habe. Ganz erfüllt habe ich die Zeitvorgaben sicher nicht, aber ich glaube, daß die auch entsprechend angelegt waren). Besser noch: ich hatte vier verschiede HG nacheinander. Beim ersten hatte ich außerdem ein fest eingegossenes Bißkissen, alias Nance. Beim dritten und vierten sollte ich ein winzigkleines Plastikteil, auch Nance genant, immer zwischen die Bißflächen schieben (sehr praxisnahe Vorstellung!).
Die Härte aber war der zweite. Das war ein echter Aufbiß-HG mit Metallplatte in der Mitte. Die hilflose Helferin, die ihn mir zuerst einsetzte, sagte: "und das möglichst rund um die Uhr... oh-, müssen Sie viel sprechen am Tage?" Ich mußte. Ich war Student und hatte Übungen etc. Aber das war offenbar einkalkuliert. Obwohl meine Tragezeit nie wirklich in die Nähe von 50% kam, erreichte ich das Klassenziel.
Aber zu der Frage, wie ich mich damit fühlte: äußerst durchwachsen, und stark von der jeweiligen Umgebung abhängig. In vertrautem endroit gar kein Problem, da hätte man mich auch mit Stecknadeln in den Augen akzeptiert. Beim Einkaufen auch nicht, da war ich ein Fremder. Aber all die Bereiche dazwischen, auch die Uni, da war's hart: je "cooler" ich altersgemäß hätte sein wollen, desto mehr. Die unendliche Gelassenheit von jener Pariser Freundin habe ich nie erreicht.
Übrigens: Frisur und Outfit haben bei ihr stets mit dem Außenbogen zusammengepaßt (den es damals ausschließlich im "Blue-Denim"-Jeanston gab). Wie sie das geschafft hat, weiß ich auch nicht, aber sie war auch ein Naturtalent. Als Kerl habe ich mir auch über meine Outfit nie so viel Gedanken gemacht. Alles ist jedenfalls machbar, Herr Nachbar. :-)
Besten Gruß,
Ex-Con